1. Wer wir sind
Die BRÜCKE-Stiftung ist eine private, gemeinnützige Stiftung bürgerlichen Rechts, die sich auf dem Gebiet der Straffälligenhilfe betätigt. Sie wurde 1975 aus dem Privatvermögen eines hannoverschen Rechtsanwaltes gegründet und hat in der Zwischenzeit mehr als 1000 Entschuldungsverfahren durchgeführt. Unsere Hilfe besteht darin, dass wir überschuldeten, straffälligen Personen Entschuldungshilfen gewähren mit dem Ziel, deren oftmals unüberwindlichen Schulden abzulösen und damit einen Beitrag zur Resozialisierung zu leisten.
2. Was wir bieten und erwarten
Wir sind für Hilfesuchende aus ganz Niedersachsen ansprechbar. In der Regel besteht der Kontakt zwischen der BRÜCKE und den Hilfesuchenden nur mittelbar über die Betreuungsperson, die somit eine wichtige Funktion erfüllt. Wir können Ihnen also nur helfen, wenn Sie durch eine Betreuungsperson beraten und betreut werden. Betreuungsperson kann eine Bewährungshelferin/ein Bewährungshelfer, eine Sozialarbeiterin/ein Sozialarbeiter in einer Beratungsstelle, eine Therapeutin/ein Therapeut oder eine andere in ihrem Arbeitsfeld erfahrene Person sein. Wir können unsere Arbeit nur leisten, wenn die Zusammenarbeit mit der Betreuungsperson funktioniert. Unsere Hilfe umfasst die - Führung von Vergleichsverhandlungen mit den Gläubigern mit dem Ziel der Reduzierung der Forderung auf einen erträglichen Restbetrag,
- Gewährung eines zinslosen Darlehens in Höhe des ausgehandelten Restbetrages.
3. Antragstellung
Wie zu erwarten ist die Zahl der Antragsteller größer ist als die für die Entschuldungshilfe zur Verfügung stehenden Mittel. Die Entscheidung über die Gewährung der Entschuldungshilfe trifft das Kuratorium. Für die Entscheidung werden mindestens folgende Unterlagen benötigt:
- der vollständig ausgefüllte „Antrag auf Entschuldungshilfe", der auf tel. Anforderung von unserer Geschäftsstelle gern zugesandt wird. Bitte verwenden Sie nur unser aktuelles Original-Antragsformular - keine Kopie,
- die formlose Stellungnahme der Betreuungsperson, die auf die nachstehend unter Punkt 4 dargestellten Entscheidungskriterien eingehen sollte,
- die Unterlagen zu den einzelnen Gläubigern (Fotokopien oder Originale).
Bitte stellen Sie diese Unterlagen mit einem Heftstreifen in der vorstehend dargestellten Reihenfolge zusammen und nummerieren Sie die einzelnen Gläubiger entsprechend der Aufstellung im Antragsformular. Wir bitten um Verständnis, wenn wir unvollständige Anträge zurücksenden müssen. Wichtig: Bitte keine Vergleichsverhandlungen führen.
Die formlose Stellungnahme der Betreuungsperson sollte prägnant die individuelle Situation des Antragstellers beschreiben und dabei auf die nachstehenden Entscheidungskriterien eingehen.
4. Entscheidungskriterien
Die Entscheidung des Kuratoriums über einen Antrag auf Entschuldungshilfe wird u. a. nach folgenden Kriterien getroffen:
4.1. Schuldner
- Er muss straffällig geworden sein; d. h., zumindest zu einer Freiheitsstrafe (mit Bewährung), in seltenen Fällen auch nur zu einer Geldstrafe verurteilt worden sein.
- Er muss aus einer Justizvollzugsanstalt des Landes Niedersachsen entlassen worden sein oder seinen Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt in Niedersachsen haben.
- Er sollte seinen Antrag über eine Betreuungsperson (z. B. Bewährungshelferin/Bewährungshelfer) einreichen, damit eine Betreuung in anderen Problembereichen gewährleistet ist und eine Stellungnahme vorgelegt werden kann.
- Andere psychosoziale Probleme (z. B. Sucht) sollten nicht derart dominierend und akut sein, dass eine kontinuierliche Mitarbeit im Entschuldungsverfahren nicht erwartet werden kann.
- Es wird positiv gewertet, wenn der Schuldner bereits Bemühungen zur Schuldenabtragung durch Zahlungen vorgenommen hat.
4.2. Schulden
- Es muss eine Überschuldung vorliegen; d. h., die Schulden sind so hoch, dass sie aus eigener Kraft in Raten in einem zumutbaren Zeitraum (ca. drei Jahre) nicht abzahlbar sind.
- Wenn die Schulden in direktem Zusammenhang mit der Straftat stehen, ist eine Genehmigung eher zu erwarten, als wenn die Schulden aus Warenkäufen entstanden sind. Wenn Schulden im Zusammenhang mit einer selbständigen Tätigkeit entstanden sind, kann eine Entschuldungshilfe i. d. R. nicht erwartet werden.
- Es soll erwartet werden, dass bei den genannten Gläubigern aufgrund der vorliegenden Erfahrungen Vergleiche in der notwendigen Höhe erreichbar sein könnten.
- Die Schulden sollen derart reduzierbar sein, dass die Summe der Vergleiche in einem Zeitraum von höchstens 3 bis 4 Jahren rückzahlbar ist.
4.3. Zeitliche Faktoren
- Die Betreuungsperson sollte den Antragsteller lange und intensiv genug kennen, um fundierte Aussagen treffen zu können.
- Der Schuldner sollte den Antrag immer erst dann stellen, wenn das Einkommen unter Berücksichtigung der Ausgaben eine Schuldenabtragung möglich macht, ggf. kurz vorher, z.B.: kurz vor dem Ende einer Umschulung/Therapie mit Aussicht auf einen Arbeitsplatz.
- Es soll deutlich werden, dass bezüglich der Verschuldung eine Verhaltensänderung eingetreten ist, d. h., die Phase des Schuldenmachens muss beendet sein.
- Wenn noch ein weiteres Strafverfahren anhängig ist, sollte das rechtskräftige Urteil abgewartet werden.
4.4. Prognose
- Es soll erwartet werden, dass der Antragsteller das gewährte Darlehen regelmäßig zurückzahlen kann und wird.
- Es soll erwartet werden, dass der Schuldner in nächster Zeit nicht wieder straffällig wird.
5. Das Verfahren
Die Antragsunterlagen sollen so rechtzeitig bei uns eingereicht werden, dass sie spätestens eine Woche vor dem Sitzungstermin des Kuratoriums eintreffen. Später eingehende Anträge werden auf die folgende Sitzung vertagt.
Wird ein Entschuldungsverfahren durchgeführt, wird der Hilfeempfänger über die Betreuungsperson informiert und erhält gleichzeitig eine Reihe von Unterlagen mit der Bitte um Unterschrift und Beachtung. In der Regel werden wir nach Eingang der ersten Rate die Verhandlungen mit den Gläubigern aufnehmen. Über das weitere Vorgehen und das Verhalten in Sonderfällen informiert ein gesondertes Informationsblatt „Hinweise für Schuldner", das wir jedem Hilfeempfänger über die Betreuungsperson aushändigen. Wir weisen darauf hin, dass der „Erfolg" eines Entschuldungsverfahrens vom einvernehmlichen Zusammenwirken aller Beteiligten abhängig ist. Wir können daher keine Garantie geben, dass dieses Ziel immer erreicht wird.
6. Anträge von Inhaftierten
Die wirtschaftliche und persönliche Situation von Inhaftierten kann während der Haft nicht realistisch beurteilt werden. Wir empfehlen daher, während der Inhaftierung keine Entschuldungshilfe zu betreiben. Insbesondere sollten Gläubigern keine Hoffnungen und Angebote gemacht werden, die nicht zuverlässig eingelöst werden können. Sogenannte „Vergleichsangebote", die während der Haft mangels Einkommen vorhersehbar nicht eingehalten werden können, erschweren später unsere Bemühungen, weil die Gläubiger verärgert wurden. Der Inhaftierte kann jedoch umfassend beraten werden und seine Haftzeit dazu nutzen, die Unterlagen zu ordnen und zu vervollständigen. Er sollte sich insbesondere beraten lassen hinsichtlich der Antragstellung gemäß § 1615h BGB (Herabsetzung des Unterhalts). Von einer grundlosen Kontaktaufnahme zu den Gläubigern ist ebenso abzuraten wie von der ungeforderten Abgabe von Schuldanerkenntnissen, Lohnabtretungen, Haftzeitbestätigungen usw.
7. Andere Hilfsmöglichkeiten
Neben der BRÜCKE gibt es grundsätzlich die Möglichkeit eines Verbraucherinsolvenzverfahrens (InsO). Hier bieten die regional tätigen Schuldnerberatungsstellen Unterstützung und Hilfe. Beratung in Fragen der Verschuldung gibt es auch bei der Verbraucherzentrale sowie bei den niedergelassenen Rechtsanwälten/innen, die auch über die Möglichkeiten der Beratungs- und Prozesskostenhilfe informieren. Von der Inanspruchnahme kommerzieller „Entschuldungshelfer" wird abgeraten.
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